Frieder Weissmann
(23. Januar 1893 - 4. Januar 1984)
Weissmann wurde am 23. Januar 1893 in Langen/Hessen als Sohn eines jüdischen Kantors geboren. Standesamtlich lautet sein Vorname Samuel, den er – in der Form Semy oder Semmy – bis 1916 behält. Danach bevorzugt er den Vornamen Friedrich oder Frieder in Kombination mit Samuel, welcher bald zu S. abgekürzt wird, bevor er ganz verschwindet. In den 1920er Jahren kommt als dritter Vorname Peter hinzu. Als Künstlername ist außerdem noch Ping-Pong überliefert. Weissmann studierte 1911 ein Semester Jura in Heidelberg, um danach bis 1914 an die Münchner Universität zum Zwecke eines Studiums der Philosophie und Musikgeschichte zu wechseln. In dieser Zeit nahm er auch Kompositionsunterricht bei Walter Braunfels. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs begann er seine Dirigentenlaufbahn, zunächst als Korrepetitor an den Opernhäusern von Frankfurt/Main (1915/16) und Stettin (1916/17), danach als freier Konzertkapellmeister und Korrepetitor in Berlin. 1919 wurde er an der Philosophischen Fakultät der Münchner Universität mit einer Dissertation über den Komponisten Georg Abraham Schneider (1770-1839) zum Doktor der Philosophie promoviert. Ende 1920 wurde er als Dirigent an die Staatsoper Berlin berufen; dort arbeitete er bis 1924. Während dieser Zeit begann er auch, für die Lindström-Marken Parlophon und Odeon Schallplatten aufzunehmen. 1924 gab er die Stelle an der Berliner Staatsoper auf und zog zuerst ans Opernhaus von Münster (1924/25) und dann nach Königsberg/Ostpr. (1926/27). Ab 1926 trat Weissmann als Dirigent sinfonischer Werke in Erscheinung. Er arbeitete mit den Dresdner Philharmonikern von 1926 bis 1930, danach mit dem Berliner Symphonie-Orchester, das im Herbst 1932 mit den Berliner Philharmonikern fusionierte. Mit den Berliner Philharmonikern konnte er bis Januar 1933 nur vier Konzerte dirigieren und eine Schallplatte (Ouvertüre zu Richard Wagners Oper Rienzi) einspielen. 1929 heiratete er, noch auf ihrem Sterbebett, die todkranke deutsche Sopranistin Meta Seinemeyer, deren Gesang er in vielen Parlophon-Einspielungen begleitet hatte. Durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten sah sich 1933 auch Frieder Weissmann als Künstler jüdischer Abstammung unmittelbar in seiner Existenz bedroht. Er verließ Deutschland im Juni 1933 und ging in die Niederlande, wo er mit dem Concertgebouw Orchester Amsterdam und dem Orchester der AVRO-Rundfunkgesellschaft Hilversum konzertierte. Es folgten von 1934 bis 1937 halbjährliche Aufenthalte – im Wechsel mit Holland – in Argentinien, wo er in Buenos Aires Konzerte bei Radio Splendid und am Teatro Colón dirigierte. In Buenos Aires heiratete Weissmann, der 1935 die argentinische Staatsbürgerschaft erlangt hatte, auch 1937 seine zweite Ehefrau Rosita Chevallier-Boutell. Nach seinem USA-Debüt Ende 1937 mit dem Cincinnati Symphony Orchestra verlegte er 1938 seinen Hauptwohnsitz nach New York, wo er im Sommer 1939 mit einer Reihe von Open-Air-Konzerten im Lewissohn-Stadium Aufsehen erregte. Schallplatten nahm er nun zunächst bei Columbia (u. a. mit Risë Stevens), ab 1945 bei RCA Victor auf – eine Verbindung, die bis um 1950 bestand. Von 1940 bis 1947 leitete Weissmann, der 1944 amerikanischer Staatsbürger wurde, das New Jersey Symphony Orchestra und von 1943 bis 1950 das Philharmonische Orchester von Scranton, Pennsylvania. Als Nachfolger von Arthur Rodziński übernahm er von 1950 bis 1953 die Leitung des Philharmonischen Orchesters von Havanna, Kuba. Bis ins hohe Alter nahm Weissmann Gastdirigate an. Berühmt wurde er für einen Zyklus von Mahler-Symphonien, den er bereits Ende der 1950er Jahre begann und bis in die 1970er Jahre in Italien dirigierte. Weissmann war eine zentrale Gestalt in der deutschen Schallplattenindustrie zwischen 1920 und 1930. Er war Lindströms zuverlässiger Hausdirigent, für den das Aufnehmen von Schallplatten keine Schrecken mehr bereithalten konnte. Er stellte nicht nur die Begleitung für zahlreiche Gesangs- und Opernaufnahmen mit den führenden Solisten der 1920er Jahre wie Gitta Alpár, Vera Schwarz und Richard Tauber, sondern leitete auch Einspielungen rein orchestraler Musik ernsten wie heiteren Charakters. Sein Repertoire war äußerst breit gefächert und umfasste Operette und leichte Klassik ebenso wie die Hauptwerke der sinfonischen Literatur. Nachdem er bereits 1923 Beethovens Neunte mit dem Blüthner-Orchester in Berlin in einer gekürzten und für die akustische Plattenaufnahme eigens orchestrierten Fassung eingespielt hatte, bereitete ihm der Übergang von der Trichter- zur elektrischen Aufnahme mittels Mikrophon Mitte der 1920er Jahre keine Schwierigkeiten. Mit dem Orchester der berliner Staatsoper, der Staatskapelle Berlin, nahm er -neben anderen und meist kürzeren Werken- Respighis Römische Brunnen und Tschaikowskis Ouverture auf das Jahr 1812 auf. Er begleitete den Cellisten Emanuel Feuermann bei Max Bruchs Kol Nidrei und die Pianisten Moriz Rosenthal und Karol Szreter bei ihren Einspielungen von Chopins Klavierkonzert Nr.1 und Beethovens Klavierkonzert Nr.4. Zu Weissmanns amerikanischen Einspielungen zählen Opernaufnahmen mit der Sopranistin Zinka Milanov und dem Bariton Leonard Warren, sowie ein Konzert für Viola von Henri Casadesus, welches ursprünglich Händel zugeschrieben worden war, mit William Primrose als Solisten. Frieder Weissmann ist am 4. Januar 1984 in Amsterdam, Holland, gestorben.
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Gustav Mahler
Kindertotenlieder
Lucrezia West, mezzo-soprano
Orchestra Sinfonica Nazionale della RAI di Torino
08.01.1960 (live)
Symphony No.5 - Part IV
Orchestra Alessandro Scarlatti della Rai di Napoli
04.01.1969 (studio)
Frieder Weissmann
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